Heimvorteil

von Andrea Knura 11/06/2019
News
Heimvorteil

Zwei Bundesländer, ein Ziel: Niederösterreich und Oberösterreich rücken die Regionalität verstärkt in den Fokus. Dabei gibt es durchaus Parallelen.

‘Iss von do’: Dazu fordert Niederösterreich gerade auf. Was damit gemeint ist? Regionales Einkaufen natürlich. Ein Role-Model für dafür hat man auch in der Tasche. Es heißt “Da Bauernlodn”, residiert in Kirchberg an der Pielach und ist nicht ohne Grund gerade Niederösterreichs Vorzeigemodell, was Nahversorgung und Regionalität betrifft. Drei Bauernfamilien haben sich dafür zusammengeschlossen und verfolgen ein Ziel: a guads G’schäft für olle. Oder wie Betreiberin Doris Fugger sagt: “Wir wollen möglichst viele regionale Schätze an einem Ort zum Kauf anbieten.” Vor den Vorhang holt man sie im Zuge der “Woche der Landwirtschaft”, bei der man die Nahversorgung auf 18 Veranstaltungen zwischen 9. und 15 Juni  in den Fokus rückt. Das Interesse der Kunden an der Herkunft der Produkte? Ist groß, sagt Fugger. „Vor allem, wenn wir neue Produkte haben, die die Kunden noch nicht kennen, dann fragen sie, ob wir etwas dazu erzählen können“. Sie kann. Weil sie die Hersteller kennt, deren Produkte sie verkauft, kann sie ihre Käufer mit Infos darüber füttern.

Forsche Forderung in Oberösterreich

Anderes Bundesland, das selbe Ziel. Auch in Oberösterreich will man den Einkäufern auf die Sprünge helfen, auch da im Dialekt. Allerdings klingt man mit iss-dahoam.jetzt deutlich forscher. Hinter dieser Initiative stehen aber auch gleich drei Unternehmen, nämlich Spitz, Gmundner Milch und Zipfer Bier. Zusammen mit dem Marktforscher Marketagent.com widmete man sich im Frühjahr der Bedeutung von Regionalität. Nach der Befragung von 368 Oberösterreichern stellte sich heraus, dass Regionalität (44,3 Prozent) nach dem Preis-Leistungsverhältnis (61 Prozent) und der Qualität (53,8 Prozent) am wichtigsten beim Einkauf ist. Wer hat Sehnsucht nach regionalen Lebensmitteln? Eigentlich eh alle, aber mit dem Alter nimmt sie zu.

Auch ausländische Lebensmittel können mitunter regional sein

Allerdings assoziieren die Oberösterreicher den Begriff sehr unterschiedlich. 43,2 Prozent der Befragten mit „Produkten aus der Umgebung, aus der Region, aus ihrem Bezirk“, knapp ein Fünftel versteht darunter „Produkte aus Österreich“ und ganze 11,7 Prozent verbinden Regionalität überhaupt nur mit “kurzen Transportwegen”. So gesehen kann auch das nahe Ausland für Grenzregionsbewohner regionale Lebensmittel liefern. Was natürlich im Gegenzug auch umgekehrt gilt. Wichtig findet man Regionalität bei Eiern (83,4 Prozent), Fleisch und Wurstwaren (82,3 Prozent) und Obst und Gemüse (81,5 Prozent). Der Zweck des Ganzen? Kleine, heimische Betriebe  zu  fördern,  der Umwelt etwas Gutes tun und frische, höhere  Qualität zu erhalten. Zu teuer und nicht ausreichend verfügbar – das spricht für die Oberösterreicher gegen Regionalität.

Wie kann regionale Nahversorgung aussehen?

Für Landwirtschaftskammer (LK) Niederösterreich-Präsident Johannes Schmuckenschlager ist das gar nicht die vordergründige Frage. Da gäbe es genug unterschiedliche Arten. Vielmehr müsse man sich damit beschäftigen, wie man es den handelnden Akteuren so leicht wie möglich machen kann. Die Antwort darauf: Mit lokalen Partnern. Das sind neben den Konsumenten das Gewerbe,  die Gastronomie, aber auch die so genannte Leader-Region, die Nahversorgungsprojekte wie “Da Bauernlodn” unterstützt. Wer oder was ist Leader? Eine seit 1991 bestehende EU- Gemeinschaftsinitiative zur Förderung innovativer Strategien zur Entwicklung ländlicher Regionen. Am Ende gewinnen im besten Fall alle. Der Konsument, weil er regionale Lebensmittel bekommt, die den höchsten Standards unterliegen. Für die Region gibt es mehr Wertschöpfung und Identitätsstiftung. Und die Gastronomie schließlich kann sich klar vor ihren Gästen positionieren.

Die liebe Not mit der Gastronomie

Mit der Gastronomie haben die  Oberösterreicher derweil noch ein klitzekleines Problem. Oder besser gesagt mit der mangelnden Kennzeichnung der Zutaten in Restaurants. Die Marketagent.com-Studie zeigte nämlich auch: Knapp 60 Prozent der Befragten bemängeln, dass in der Gastronomie „eher nicht“ oder „überhaupt nicht ausreichend“ auf die Herkunft der verwendeten Produkte hingewiesen wird. Dabei wären auch beim Restaurantbesuch  62,8 Prozent bereit, für regionale Lebensmittel tiefer in die Tasche zu greifen – knapp 10 Prozent mehr sind es beim Einkauf. Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger kennt das Problem: „Vor allem bei verarbeiteten Produkten mangelt es immer noch an einer ausreichenden Kennzeichnung.” Er setzt sich daher für eine verbindliche Herkunfts-Kennzeichnung für die Hauptzutat ein. Restaurants, Hotels und vor allem Wirtshäuser seien Zentren des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens. “Genau dorthin gehören auch regionale Lebensmittel, sie sind ein starkes Zeichen der Verbundenheit mit der Region und der Landwirtschaft vor Ort.“ Diese Verbundenheit spürt übrigens auch der eingangs erwähnte Bauernlodn. Der Erfolg ist schon jetzt so groß, dass die drei Betreiber-Familien noch im Sommer ihre erste Angestellte aufnehmen können.

https://www.dabauernlodn.at

http://www.iss-dahoam.jetzt/

NÖ: Woche der Landwirtschaft – Events 

St. Pölten: 13. Juni Schaugrillen vor der Raiffeisenbank in der Franziskanergasse

Baden: 14. Juni “Kulinari Kumm! – Genüsse erleben” am Platz der Menschenrechte

Scheibbs: 14. Juni Schaugrillen am Rathausplatz

Melk: 14. Juni Schaugrillen am Rathausplatz

Lilienfeld: 15. Juni “Iss von do” Lebensmittelmesse bei Feinkost Reithofer

Amstetten/Waidhofen: 16. Juni Regio Food Market beim Gasthaus Kappl in Biberbach

Wiener Neustadt: 27. Juni Schaugrillen am Betrieb Edelhofer