Die Frage nach dem Inhalt bleibt hierzulande gerne unbeantwortet

von Alexandra Binder 19/02/2020
Warengruppen
Die Frage nach dem Inhalt bleibt hierzulande gerne unbeantwortet

Warum die Italiener bereits bestens über das Fleisch in ihrer Lasagne Bescheid wissen, wir aber weiter rätseln, woher der Speck in unserem Knödel stammt.

Italiener müsste man sein. Oder Franzose. Dann hätte man weniger Zweifel. Jedenfalls wüsste man, woher die Zutaten in verarbeiteten Produkten kommen. Um es mal etwas plastischer zu machen: Wird ein Croissant in Paris mit deutschem Mehl gemacht, dann muss das für den Käufer klar ersichtlich sein. Genauso wie man in Rom eben nachvollziehen kann, woher das Fleisch in der Lasagne kommt. In beiden Ländern gibt es bereits eine Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, wenngleich es unterschiedliche Modelle dafür gibt. Kaufen Sie dagegen hierzulande einen Tiroler Speckknödel, können Sie bestenfalls hoffen oder  beten, dass das Fleisch drin von einem heimischen Tier stammt. Die gute Nachricht: Laut Regierungsprogramm soll es künftig auch bei uns eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel geben. Details wie Ausformung und Zeitpunkt sind aber offen. Frankreich und Italien seien Vorbilder,  sagen Ministerin Köstinger und Bauernbundpräsident Strasser. Es soll aber einen eigenen österreichischen Weg geben.

Dieser Weg wird ein langer sein

Es ist so, sagt Köstinger, dass die EU zwar eine Herkunftskennzeichnung bei Fleisch verlangt. Will ein Staat aber mehr, müsse man eine “relativ umfangreiche Folgenabschätzung” und Daten liefern. Welche genau? Nun, allem voran gilt es nachzuweisen, dass im Land die Zustimmung für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte groß ist. Aus diesem Grund wird es bei uns heuer eine Umfrage geben, der eine Studie folgt. Fallen die positiv aus, sollte das Ja der EU für die heimischen Pläne so gut wie sicher sein. Und was genau wird dann gekennzeichnet? Die Hauptzutat eines veredelten Produkts. Allerdings nur dann, wenn die über 50 Prozent ausmacht. Köstinger spricht in dem Zusammenhang allerdings momentan nur von Milch, Eiern und Fleischprodukten. Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und Bundesheer dürften laut der Ministerin als erste in den Genuss von mehr Herkunfts-Wissen kommen.

Benachteiligungs-Befürchtung

Im ganzen Herkunfts-Hickhack gibt es allerdings noch immer einen Part, der sich vehement dagegen wert. Sie ahnen es schon, es ist die österreichische Nahrungsmittelindustrie. Die hat Angst davor, gegenüber ausländischen Produzenten dann ins Hintertreffen zu geraten.  Es fallen die Stichworte Mehraufwand und mehr Kontrollen. Und was, wenn es bestimmte Zutaten mal kurzfristig nicht ausreichender Qualität gibt? Spätestens dann gibt es ein Problem, sagt der Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Bei einem Alleingang Österreichs in Sachen verpflichtende Herkunftsangabe der Rohstoffe in Lebensmitteln auf der Verpackung werde der Produktions- und Exportstandort Österreich nicht nur schlechter gestellt, sondern “gefährdet”. Conclusio: “Wir fordern den Verzicht auf eine nationale Verpflichtung, die alle österreichischen Weiterverarbeiter von Milch, Fleisch und Eiern unmittelbar trifft.” In Italien hat man das Problem übrigens offenbar nicht, das die heimische Industrie befürchtet. Dort gefällt die Transparenz für die Verbraucher durch die Herkunftskennzeichnung allen, tat ein Vertreter des dortigen Landwirtschaftsministeriums gerade auf der “grünen Woche” kund. Zusatz: Für Hersteller ergäben sich damit ganz neue Marketingmöglichkeiten. Ob und wann es bei uns ein Happy End gibt? Und wir jemals sicher wissen werden, woher der Speck im Knödel stammt? Man weiß es nicht. Wir bleiben ihm weiterhin auf der Spur.