Mit Ende August läuft die Kürbisernte in der Steiermark an, jedoch liegt der erwartete Ertrag deutlich unter dem Zehnjahresschnitt: nur 600 bis 670 Kilogramm Kerne pro Hektar. Der Grund? Das österreichische Kürbisland Nummer eins leidet unter den immer stärker werdenden Wetterkapriolen. Hoffnungsträger sind widerstandsfähigere Kürbissorten, die den Auswirkungen des Klimawandels trotzen.
„Hitze, Trockenheit und niederschlagsreiche Phasen setzen dem Ölkürbis stark zu, daher gewinnen tolerantere Sorten immer mehr an Bedeutung“, erklärt Andreas Cretnik, Vorstandsmitglied von „Steirerkraft“-Produzent Alwera. Gemeinsam mit den Forschern der Saatzucht Gleisdorf arbeitet das oststeirische Unternehmen daran, robuste und stabile Sorten zu entwickeln, die auch unter schwierigen Bedingungen verlässlich gute Ergebnisse liefern.
Die gute Nachricht? Aktuell zeichnet sich ein Durchbruch bei diesen Bemühungen ab, denn auf Testparzellen in der Nähe von Gleisdorf wurden besonders vielversprechende Frühsorten geerntet. Diese neuen Varianten reifen rund zwei Wochen früher als Standardsorten, zeichnen sich jedoch gleichzeitig durch hohe Widerstandsfähigkeit und ein starkes Kornertragspotenzial aus. Sie sind robuster, stabiler und besser an klimatische Extreme angepasst und erreichen dadurch eine deutlich höhere Ertragsstabilität.
Was das konkret bedeutet? Der neue „Superkürbis“ ermöglicht im Durchschnitt 40 bis 50 Prozent höhere Erträge als klassische Populationssorten und kann auch in kühleren Regionen eingesetzt werden – wie etwa der Obersteiermark, wo der Ölkürbis bislang aufgrund der kurzen Vegetationsperiode kaum angebaut werden konnte. Die neue Hybridzüchtung würde das ändern und zusätzliche Anbaugebiete erschließen, erklärt Alwera-Vorstand Cretnik: „Aufgrund der früheren Reife kann die Ernte bereits im September erfolgen“. Gleichzeitig würde der „Superkürbis“ jedoch auch eine Absicherung gegen Frostschäden im Frühjahr bieten: „Kommt es zu Ausfällen, kann noch ein Zweitanbau erfolgen und der Ertrag bleibt erhalten“, so der Experte. Spätestens 2027 soll der neue „Superkürbis“ den 1.000 Vertragslandwirten von Steirerkraft zugänglich gemacht werden.
Für Saatzucht Gleisdorf-Geschäftsführer Jakob Moser ist das eine Momentaufnahme in einem insgesamt langwierigen Forschungsprozess: „Wir arbeiten seit Ende der Neunzigerjahre an widerstandsfähigeren Kürbissorten, haben mehr als 20 der sogenannten Hybridsorten entwickelt und konnten damit die Erträge von ursprünglich 300 bis 400 Kilogramm pro Hektar auf – in guten Jahren – bis zu 1.000 Kilogramm erhöhen.“ Es würde im Durchschnitt rund zehn Jahre dauern, „bis wir eine neue Hybridkürbissorte auf den Markt bringen können – und das kostet rund eine Million Euro“, hebt der Geschäftsführer hervor.
Die Züchtung selbst folgt einem klaren Prinzip: Auf großen Versuchsflächen werden tausende Parzellen mit unterschiedlichen Pflanzen angelegt und von der Aussaat bis zur Ernte genau beobachtet. Dabei erheben die Züchter zahlreiche Merkmale – etwa Ertrag, Krankheitsresistenz oder Korneigenschaften – und können so erkennen, welche Linien sich bewähren. Anschließend werden gezielt unterschiedliche Linien miteinander gekreuzt, um gewünschte Eigenschaften zu vereinen. Den Zenit habe die Forschung indes noch nicht erreicht, versichert die Saatzucht Gleisdorf-Züchterin Maria Bernhart: „Wir sehen noch ein deutliches Potenzial für Ertragssteigerungen – mittelfristig halten wir rund 20 Prozent für realistisch.“ Selbstredend ohne gentechnische Eingriffe, unterstreicht Bernhart: „Wir haben uns dezidiert gegen Genmanipulation ausgesprochen.“