Luxusgut Fleisch

von Alexandra Binder 20/08/2019
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Fleisch
Luxusgut Fleisch

Über eine Fleischsteuer das Tierwohl fördern, die Menschen dazu bewegen, weniger Fleisch zu essen und das Klima retten: Kann das wirklich funktionieren?

“Fleisch wurde von meinen Großeltern am Sonntag gegessen. Denn Fleisch ist kein Grundnahrungsmittel und muss nicht zu Dumpingpreisen verschleudert werden.” Das sagt einer, der ganz klar pro Fleischsteuer argumentiert: David Richter. Richter ist allerdings ein Vetreter des Vereins gegen Tierfabriken (VGT). Da darf man kein anderes Argument erwarten. Dennoch muss man ihm ehrlicher Weise Recht geben. Auch wenn er sagt: “Wir müssen weg von der Massentierhaltung in Österreich und das funktioniert nur, wenn die Politik die Weichen stellt?” Doch kann man mit höheren Steuern auf Fleisch wirklich den maßvolleren Konsum fördern, für mehr Tierwohl sorgen und allem voran das Klima schützen? In Deutschland diskutiert man darüber gerade sehr intensiv. Da beträgt die Steuer auf tierische Produkte allerdings auch sieben Prozent, während die für andere Lebensmittel 19 Prozent beträgt. In anderen Worten heißt das: Ein Liter Kuhmilch wird mit sieben Prozent besteuert, ein Liter Haferdrink mit 19 Prozent. In Österreich werden alle Nahrungsmittel generell mit dem niedrigen Steuersatz von 10 Prozent besteuert, Getränke mit 20 Prozent. Insofern gibt es zwar eine generell eine unterschiedliche Ausgangslage, was den Haferdrink betrifft, aber eine ähnliche.

Uneinigkeit allerorten

Doch bleiben wir noch kurz beim deutschen Nachbarn. Dort demonstriert man derzeit Uneinigkeit in der Frage, selbst bei den NGOs. Während die Organisation Foodwatch erklärte, sinnvoll für gesündere Ernährung wäre ein Wegfall der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse, zeigte sich Greenpeace begeistert und meint, mit der Subvention von Fleisch- und Milchprodukten durch den ermäßigten Steuersatz müsse Schluss sein.

An die Öffentlichkeit gebracht hat die Idee der Fleischsteuer übrigens Thomas Schröder. Der ist Präsident des deutschen Tierschutzbundes. Und wer jetzt meint, bei der Politik blieben die Türen dafür zu, der irrt. CDU-Agrarpolitiker Albert Stegemann beispielsweise kann sich dafür absolut erwärmen, sprach von einem „konstruktiven Vorschlag“ und forderte die Mehreinnahmen zwingend als Tierwohlprämie zu nutzen. Damit könnte man deutsche Tierhalter etwa beim Umbau von Ställen unterstützen. Das wiederum kommt beim deutschen Bauernbund gut an. “Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung”, heißt es von deren Seite.  Auch CDU, SPD und Grüne bekunden tatsächlich Interesse an einer „Tierwohlprämie“ bzw. einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Wobei es wie gesagt in Deutschland ja eigentlich um eine Steueranpassung geht.

Und was sagt man hierzulande zur Fleischsteuer?

Wie gern der Österreicher im Schnitt Fleisch isst, weiß man inzwischen. Zwei Mal pro Woche reicht nicht, zwei Mal am Tag trifft es trotz stetiger öffentlicher ärztlicher Warnungen bei einem Konsum von  eher. Von daher kann man der Idee einer Fleischsteuer auch hierzulande etwas abgewinnen. Der eingangs erwähnte David Richter spricht von einem wichtigen Lenkungswerkzeug und dem zweckgebundenem Einsatz: einerseits zur Förderung der artgemäßen Tierhaltung, andererseits zur Förderung von wirklich umweltfreundlichen Alternativen zu Fleisch. “Fleisch soll und muss zu einem Luxusprodukt werden.”

Dieser Gedanke behagt allerdings nicht jedem. Für Katharina Rogenhofer vom Klimaschutzvolksbegehren etwa führt die Diskussion generell am Thema vorbei. “Wir können die Klimakrise nicht über einen ‚Fleckerlteppich‘ aus zusätzlichen Einzelbesteuerungen lösen.”  Stattdessen sei eine Förderung einer regionalen, klimafreundlichen Landwirtschaft der Schlüssel. Heimisches Rindfleisch erzeuge um 80 Prozent weniger Emissionen als Argentinisches – und zweiteres sei dennoch meist billiger. “Da müssen wir uns schon überlegen, was wir fördern: Regionalen Konsum und eine Preiswahrheit für unsere Umwelt – oder eine Steuer, die dieses Problem nicht bei der Wurzel packt.”

Zwang, auf Billiglebensmittel aus dem Ausland auszuweichen?

Auch Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will braucht man mit einer Fleischsteuer nicht kommen: “Mit höheren Preisen auf heimisches Fleisch werden wir weder das Tierleid lindern noch das Klima retten. Im Gegenteil, damit würden wir untere Einkommensschichten zwingen, noch stärker auf Billiglebensmittel aus dem Ausland zurückzugreifen”, so sein Argument.  Seine Lösung? Eine Stärkung der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft. Die deutschen Politiker, die sich für eine Fleischsteuer einsetzen, sind ihm suspekt: “”Gerade die, die sich zuletzt vehement für das klimaschädliche Freihandelsabkommen Mercosur sowie für höhere Fleischimportquoten aus den USA eingesetzt haben, um die eigene Automobilindustrie zu stärken, wollen jetzt plötzlich Klimaretter spielen. Das glaubt doch kein Mensch.” Und die bäuerlichen Interessenvertreter? Was sagen die eigentlich? Auch Njet. Man habe bei der österreichischen Produktionsweise “in der Milch- und Fleischproduktion die niedrigsten Treibhausgasemissionen im EU-Vergleich”, erläuterte Bauernbundpräsident Jakob Auer.

Jetzt – Liste Pilz sagt “Ja”

Wifo-Agrarexperte Franz Sinabell, zeichnet bei Einführung einer “Fleischsteuer” ein düsteres Szenario. Die Österreicher würden dann auf Eigenimporte ausweichen und sich mit billigem Fleisch aus den Nachbarstaaten eindecken. Man müsse nur in die Schweiz schauen, wo das Preisniveau viel höher als im EU-Umland ist, da man sich mit der eigenen Agrarpolitik gegenüber der EU abzuschotten versuche. Und in Deutschland? “Kann das funktionieren, kaum aber in einem kleinen Land wie Österreich”, konstatiert Sinabell. Von den heimischen Parteien kamen bis jetzt übrigens ebenfalls keine positiven Signale. Mit einer Ausnahme: Der von Jetzt – Liste Pilz. Die befürwortet eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf konventionelles Fleisch von 10 auf 20 Prozent. Der steuerliche Mehrbetrag soll zweckgebunden dem Tierwohl zu Gute kommen. Bio-Fleisch hingegen soll weiter in der 10 Prozentigen Mehrwertsteuerklasse bleiben. Einen Grund dafür gibt es auch: “Der Kostenfaktor bei Biofleisch für den Biobauern liegt um 2,5 Mal höher, als in Tierfabriken. Abgesehen davon gehört auch zum Heimatschutz, die Tiere hierzulande vor den Zuständen in den Tierfabriken zu schützen“, sagt Vertreter Martin Balluch, den es bereits zum zweiten Mal in die Politik zieht. Davor war er allerdings Obmann des Vereins für Tierfabriken. Und ja, von daher rührt vermutlich auch sein Jargon.

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